Anschnallpflicht im Straßenverkehr: Wer haftet bei einem Unfall?

Anschnallpflicht im Straßenverkehr: Wer haftet bei einem Unfall?

(DAV). Die Gurtpflicht im Straßenverkehr ist eine wichtige Sicherheitsmaßnahme, die Leben retten kann. Doch was passiert, wenn man sich nicht anschnallt und es zu einem Unfall kommt? Der Nichtangeschnallte kann andere durch den Unfall verletzen und muss unter Umständen haften.  

Das Oberlandesgericht Köln hat am 27. August 2024 (AZ: I-3 U 81/23) entschieden, dass zwar grundsätzlich der Nichtangeschnallte mithaften kann. Seine Schuld spielt aber dann keine Rolle, wenn der Unfallverursacher grob gegen die Verkehrsvorschriften verstoßen hat. 

Schwerer Unfall unter Alkoholeinfluss und Verstoß gegen die Anschnallpflicht

Der Fall betrifft einen Verkehrsunfall vom 15. September 2018, bei dem der Versicherungsnehmer der Klägerin unter Alkoholeinfluss (1,7 Promille) und mit überhöhter Geschwindigkeit (150-160 km/h bei erlaubten 70 km/h) auf die Gegenfahrbahn geriet. Dort kollidierte er mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, wodurch die Beifahrerin des gegnerischen Fahrzeugs schwere Verletzungen, einschließlich eines Schädelhirntraumas und Wirbelsäulenverletzungen, erlitt.
 
Eine Mitinsassin auf der Rückbank, die zum Unfallzeitpunkt nicht angeschnallt war, sollte nach Auffassung der Klägerin für 70 % der an die Geschädigte gezahlten Entschädigungen haften, da ihr Verstoß gegen die Anschnallpflicht kausal für die Rückenverletzungen gewesen sei.

Gericht: Unfallverursacher trägt die Hauptschuld
Das OLG Köln entschied jedoch, dass die nicht angeschnallte Mitfahrerin nicht für die Verletzungen der Beifahrerin mithaftet. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Unfallverursacher durch seine rücksichtslose Fahrweise den Unfall und die damit verbundenen Verletzungen primär verursacht habe. Der Verstoß gegen die Anschnallpflicht trete in diesem Fall hinter dem schwerwiegenden Verschulden des Unfallverursachers zurück.

Das Fazit aus dieser Entscheidung 

Die Entscheidung des OLG Köln zeigt, dass die Haftung bei einem Verkehrsunfall immer im Einzelfall geprüft werden muss. Wer sich nicht anschnallt, handelt zwar fahrlässig und muss unter Umständen mit einer Mithaftung rechnen, erläutern die DAV-Verkehrsrechtsanwälte. Bei einem schweren Unfall, der primär von einem anderen Verkehrsteilnehmer verursacht wurde, kann die Haftung des nicht Angeschnallten jedoch entfallen.

Quelle: www.verkehrsrecht.de