Blitzer: Einsicht in Messdaten bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Blitzer: Einsicht in Messdaten bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

(DAV). Sie wurden geblitzt und der Bußgeldbescheid flattert ins Haus. Eine Temposünde kann schnell teuer werden. Doch wie können Sie sich effektiv verteidigen? Insbesondere bei standardisierten Messverfahren wie Geschwindigkeitskontrollen ist es für Betroffene und ihre Verteidiger oft eine Herausforderung, alle relevanten Informationen zu erhalten, um die Messung umfassend zu überprüfen. Während die Rechtsprechung in den letzten Jahren immer wieder betont hat, wie wichtig ein faires Verfahren ist, zeigen aktuelle Gerichtsurteile, dass der Zugang zu entscheidenden Daten nach wie vor ein Hindernis darstellt.

Besonders häufig geht es um die sogenannten Falldatensätze der gesamten Messreihe – also alle Messungen, die mit dem betreffenden Gerät an diesem Tag gemacht wurden – und die dazugehörige Statistikdatei. Diese Daten könnten Hinweise auf mögliche Fehlmessungen geben. Doch viele Gerichte verweigern die Einsicht – so auch das Amtsgericht Landstuhl in einer aktuellen Entscheidung vom 09. April 2025 (AZ: 2 OWi 53/25).

Wenn der Blitzer zuschlägt – Bußgeldverfahren

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall hatte der Verteidiger eines Betroffenen beantragt, verschiedene Unterlagen zur Überprüfung der Messung herauszugeben. Darunter auch die Gebrauchsanweisung und die Falldatensätze der gesamten Messreihe.
Das Amtsgericht Landstuhl stellte klar, dass solche Anträge nicht unter die klassische Akteneinsicht nach allen, sondern sich aus dem grundrechtlich geschützten Anspruch auf ein faires Verfahren ergeben. Der Antrag sei daher grundsätzlich zulässig.

Einsicht in Messdaten bei Geschwindigkeitsüberschreitungen

Das Gericht gab dem Betroffenen nur teilweise Recht: Die Gebrauchsanweisung des verwendeten Messgeräts müsse ihm überlassen werden. Anders sah es bei den
Falldatensätzen und der Statistikdatei aus. Diese Daten seien nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht relevant für die Verteidigung – ein Anspruch auf Herausgabe
bestehe daher nicht.

Gericht folgt Physikalisch-Technischer Bundesanstalt und obergerichtlicher Linie

Zur Begründung verwies das Amtsgericht auf die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die in mehreren Stellungnahmen dargelegt habe, dass aus den Daten der gesamten Messreihe keine weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten seien. Diese Einschätzung teilten auch zahlreiche Oberlandesgerichte. Die vom Verfassungsgerichtshof Stuttgart am 27. Januar 2025 (AZ: 1 VB 173/21) vertretene Auffassung, wonach Informationen grundsätzlich auch außerhalb der Akte zugänglich sein müssten, ändere daran nichts – die Entscheidung sei auf den konkreten Einzelfall bezogen und keine generelle Aussage zur Relevanz der Falldatensätze.

Kritik: Transparenz bleibt auf der Strecke

Kritiker sehen in dieser Haltung ein Problem: Wie soll ein Betroffener sich wirksam verteidigen, wenn ihm zentrale Informationen vorenthalten werden? Auch wenn Gerichte betonen, dass die Daten nicht relevant seien – wäre es nicht einfacher, diese einfach zur Verfügung zu stellen? Denn wenn sich daraus keine entlastenden Hinweise ergeben, könnte dies die Akzeptanz gerichtlicher Entscheidungen durchaus erhöhen. Doch viele Amtsgerichte und Oberlandesgerichte bleiben restriktiv.
Quelle: www.verkehrsrecht.de