Brand in der Tiefgarage beim Tanken: Wann das Auto nicht haftet 

Brand in der Tiefgarage beim Tanken: Wann das Auto nicht haftet 

(DAV). Stellen Sie sich vor: Sie wollen Ihr Auto mit einem Kanister betanken. Noch bevor der Tankdeckel offen ist, fängt der Benzinkanister Feuer. Die Folge: dichte Rauchschwaden, verrußte Wände und ein teurer Schaden. Doch wer haftet? Das Auto? Der Fahrer? Die Haftpflichtversicherung? 
Das Oberlandesgericht Dresden hat am 1. Oktober 2024 (AZ: 4 U 446/24) in einem Urteil klargestellt, wo die Grenze der sogenannten Betriebsgefahr eines Fahrzeugs verläuft – und warum der Kanister hier die Hauptrolle spielt. Spielt das Auto selbst keine Rolle, hat der Schaden nichts mit dem Kfz zu tun, wo die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Betankung mit Kanister endet in Feuerinferno

Ein Autofahrer wollte in einer Tiefgarage seinen Wagen mit Benzin aus einem Plastikkanister betanken – in Vorbereitung auf eine spätere Fahrt. Dabei kam es zur Katastrophe: Der Kanister entzündete sich durch eine statische Aufladung, noch bevor der Tank befüllt wurde. Das Feuer richtete erheblichen Schaden am Gebäude an, das Fahrzeug selbst blieb unversehrt. Die Gebäudeversicherung wollte die Kosten von der Kfz-Haftpflicht ersetzt haben – ohne Erfolg.

Wann gilt ein Schaden als „beim Betrieb eines Fahrzeugs“ entstanden?

Nach dem Straßenverkehrsgesetz (§ 7 Abs. 1 StVG) haftet der Halter eines Fahrzeugs für Schäden, die „beim Betrieb“ eines Kfz entstehen. Klingt weitreichend – doch ganz so einfach ist es nicht. Das OLG Dresden entschied, dass in diesem Fall keine typische Fahrzeuggefahr vorlag. Zwar sei das Betanken grundsätzlich Teil des Fahrzeugbetriebs. Aber: Der Vorgang selbst hatte noch nicht begonnen. Weder floss Benzin noch war das Auto Ursache für die Entzündung.

Das Fahrzeug muss das Geschehen prägen – sonst keine Haftung

Entscheidend war für das Gericht: Die typische Gefahr, die vom Fahrzeug ausgeht – etwa durch heiße Motorteile, offene Stromkreise oder mechanische Einwirkungen – hatte hier keine Rolle gespielt. Der Brand entstand unabhängig vom Fahrzeug, allein durch den unsachgemäß behandelten Kanister. Das reiche für eine Haftung nach § 7 StVG nicht aus. Das Auto war schlicht „nur da“, nicht aber beteiligt.

Fazit: Betriebsgefahr endet vor dem Tankdeckel

Das Urteil zeigt deutlich: Die Auslegung des Begriffs „beim Betrieb“ hat Grenzen. Nur weil ein Auto in der Nähe ist, haftet es nicht automatisch. Entscheidend ist, ob das Fahrzeug oder seine typischen Risiken das Schadenereignis mitverursacht haben. In diesem Fall: nein. Das Auto blieb außen vor – rechtlich wie faktisch.
Vorteil bei Betriebsgefahr für den Geschädigten – Gefährdungshaftung 
Der entscheidende Vorteil für den Geschädigten, wenn er den Halter bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherung in Anspruch nehmen kann – also über §?7 Abs.?1 StVG (Gefährdungshaftung) – liegt in der haftungsrechtlichen Entlastung beim Verschuldensnachweis:

1. Keine Pflicht zum Nachweis eines Verschuldens

Der Geschädigte muss nicht beweisen, dass der Halter oder Fahrer schuldhaft gehandelt hat. Es genügt:
dass sich der Schaden „beim Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs ereignet hat,
und keine höhere Gewalt vorliegt (§ 7 Abs. 2 StVG).
Das bedeutet: Objektive Haftung, auch bei einfachem Fehlverhalten oder sogar ohne nachweisbaren Fahrfehler.

2. Direkter Zugriff auf die Kfz-Haftpflichtversicherung

Kfz-Halter sind verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung zu haben.
Diese ist nach §?115 VVG direkt passivlegitimiert (der Geschädigte kann die Versicherung direkt verklagen).
Der Geschädigte muss sich nicht auf die persönliche Zahlungsfähigkeit des Halters verlassen.

3. Hohes Haftungsvolumen und Deckung

Die Kfz-Haftpflichtversicherung deckt regelmäßig hohe Schadenssummen ab (oft mehrere Millionen Euro).
Auch Schmerzensgeld, Verdienstausfall und Sachschäden werden grundsätzlich übernommen.

4. Kein Ausschluss wegen leichter Fahrlässigkeit

Selbst leicht fahrlässiges Verhalten des Fahrers führt nicht zum Haftungsausschluss.
Beispiel: Tür wird geöffnet ohne Rückschau – das reicht in der Regel schon für Haftung.

Quelle: www.verkehrsrecht.de