Schwerer Unfall zwischen Auto und Motorrad: Schaden wird geteilt
(DAV). Verkehrsunfälle sind leider alltägliche Ereignisse, die oft schwerwiegende Folgen haben. Doch was passiert, wenn mehrere Faktoren zu dem Unfall beitragen? Ein Fall vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht beleuchtet die komplexen rechtlichen Fragen, die sich bei einem tödlichen Unfall zwischen einem Motorradfahrer und einem Pkw ergeben haben.
Kollidiert bei einem Verkehrsunfall ein Linksabbieger mit einem deutlich zu schnell fahrenden Motorrad, kommt eine Haftungsteilung in Betracht. So entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) am 16. April 2024 (AZ: 7 U 91/23), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Ein tödlicher Unfall außerorts
Bei einem tragischen Verkehrsunfall überholte ein erfahrener Motorradfahrer einen Rettungswagen und beschleunigte auf einer Strecke, die nach Abschluss von Bauarbeiten noch immer auf 50 Stundenkilometer beschränkt war. In der Gegenrichtung kam ein Pkw, der nach links abbiegen wollte. Der Motorradfahrer führte eine Vollbremsung durch, verlor die Kontrolle über sein Fahrzeug und kollidierte mit dem Pkw. Er starb noch an der Unfallstelle. Ein Gutachten ergab, dass das Motorrad mit 109 bis 124 km/h unterwegs war.
Die Hinterbliebenen des verunglückten Motorradfahrers forderten Schadensersatz. Sie verlangten eine umfassende Haftung für die immateriellen und materiellen Schäden, die ihnen durch den Unfall entstanden sind.
Geschwindigkeit ist nicht alles: Die Rolle des abbiegenden Fahrzeugs
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (AZ: 7 U 91/23) entschied, dass eine hälftige Haftungsteilung zwischen den Unfallbeteiligten angemessen sei. Lange Zeit galt die Faustregel: Wer zu schnell fährt, trägt die Hauptverantwortung für einen Unfall. Doch das OLG Schleswig-Holstein hat nun gezeigt, dass es nicht immer so einfach ist. Auch der Fahrer eines abbiegenden Fahrzeugs muss seine Geschwindigkeit einschätzen können und darf nicht einfach davon ausgehen, dass andere Verkehrsteilnehmer sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen halten.
Das Gericht betonte den formalen Unterschied zwischen dem Verkehr inner- und außerhalb geschlossener Ortschaften. Die Rechtsprechung des Kammergerichts zur vollen Haftung bei extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen im innerörtlichen Verkehr sei auf diesen Fall nicht übertragbar, da der Unfallort im außerörtlichen Bereich lag.
Quelle: www.verkehrsrecht.de