Wer haftet bei Kollision mit am Fahrbahnrand stehenden Kind?
(DAV). An Fußgängerampeln immer wieder zu beobachten: Bei „rot“ steht man auf den letzten Zentimetern des Bordsteins, um bei „grün“ einen vermeintlichen Startvorteil zu haben. Doch Vorsicht: Man kann dann auch leichter bei vorbeifahrenden Autos erwischt werden. Wer haftet dann wie?
Erfasst ein Autofahrer ein zu nah an der Bordsteinkante Wartenden, haften beide. Ist es ein elfjähriges Kind, führt dies zu einer ganz überwiegenden Haftung des Autofahrers. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgericht Zweibrücken vom 26. April 2021 (AZ: 1 U 141/19). So haftete der Autofahrer zu 80 und das Kind zu 20 Prozent, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Unfall an Fußgängerampel
Der Kläger war elf Jahre alt und auf dem Weg zur Schule. Als er eine Kreuzung überqueren wollte, stellte er sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante. Die Beklagte fuhr mit ihrem Pkw in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbei und erfasste es.
Der Autofahrerin wäre es aber möglich gewesen, mit weit größerem Abstand an dem Kind vorbeizufahren. Der spätere Kläger wurde erheblich verletzt und verlangte von der Fahrzeughalterin und deren Haftpflichtversicherung Schadensersatz sowie Schmerzensgeld.
Das Landgericht in Kaiserslautern gab der Klage mit einer Haftungsquote von 80% zulasten der Autofahrerin statt. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Haftungsverteilung.
Kinder können bei Unfall mit Auto mithaften
Kraftfahrzeugführer dürfen generell innerorts die Fahrbahn nicht bis an den rechten Bordstein befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen. Dies gilt insbesondere gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern.
Dem Jungen musste aber vorgeworfen werden, dass er sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante gestellt hat. Dadurch konnte er von dem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden. Das Gericht sah den elfjährigen Schüler hier auch in der Pflicht. Ihm musste bewusst sein, dass diese Position an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und erhebliche Schäden auslösen kann.
Dieses Mitverschulden bewerteten beide Gerichte mit einer Mithaftung von 20 Prozent.