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Verkehrsanwälte.
 
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06/2021 – 28. April 2021
 
 
  Recht und Gesetz
Anscheinsbeweis bei Spurwechsel / Ersatzmietwagenkosten bis zur Lieferung des vor dem Unfall bestellten Neufahrzeuges

Das AG Hamburg-Harburg kommt in seinem Urteil – 643 C 164/20 – vom 19.02.2021 zu dem Ergebnis, dass derjenige, der die Fahrspur wechselt, die Pflicht hat, eine erheblich gesteigerte Vorsicht und Sorgfalt walten zu lassen. Er trägt im Regelfall nahezu die alleinige Verantwortung dafür, dass es bei seinem Fahrmanöver nicht zu einem Unfall kommt. Kommt es bei einem Fahrspurwechsel dennoch zu einem Unfall, streitet der Beweis des ersten Anscheines gegen den Spurwechsler dahin, dass dieser die ihm obliegende Sorgfalt nicht hinreichend beachtet hat.

Dem Geschädigten steht, wenn er bereits vor dem Unfall ein neues Fahrzeug bestellt hat und das später verunfallte Fahrzeug bis zu dessen Lieferung weiter nutzen wollte, bis zur Übergabe des bestellten Fahrzeugs ein Mietfahrzeug zu. Diese bereits bestehende wirtschaftliche Planung wurde durch den Unfall gestört. Es kann vom Geschädigten nicht erwartet werden, dass er anderweitig ein Neu- oder Gebrauchtfahrzeug erwirbt und sich entweder gegenüber der Verkäuferin schadenersatzpflichtig macht, weil er das bestellte Fahrzeug nicht mehr abnimmt oder das zusätzlich erworbene Fahrzeug ggf. mit beträchtlichen Verlusten wieder veräußert. Aufwand und Risiko, die mit einem solchen Zwischenkauf eines Neu- oder Gebrauchtwagens verbunden sind, stehen in keinem Verhältnis zu den moderaten Mietwagenkosten von kalendertäglich 25,17 EUR netto, insgesamt 1.031,97 € netto.

AG-Hamburg-Harburg-Urteil-643-C-164-20.pdf

Rechtsanwalt wird in eigener Sache tätig: Vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren sind zu erstatten

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er beauftragte zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber der Beklagten einen in seiner Kanzlei angestellten Rechtsanwalt. Das AG Coburg vertritt in seinem Urteil vom 25.1.2021 – 17 C 2866/20 – die Auffassung, dass auch ein Rechtsanwalt, der in eigener Sache tätig wird, von dem Ersatzpflichtigen die üblichen Gebühren nach dem RVG verlangen kann.

Es ist dem Kläger als Geschädigten nicht zuzumuten, seine Arbeitskraft und Ressourcen aufzuwenden. Auch er hat ein Anrecht darauf, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen im Rahmen der Schadensabwicklung zu beauftragen. Die schadensrechtliche Abwicklung eines Verkehrsunfalls, an dem zwei Fahrzeuge beteiligt sind, ist jedenfalls im Hinblick auf die Schadenshöhe regelmäßig kein einfach gelagerter Fall. Dass der erfahrene Geschädigte in der Lage ist, den Unfallhergang zu schildern und die aus seiner Sicht zu ersetzenden Schadensposition zu beziffern, macht den Fall selbst bei Eindeutigkeit des Haftungsgrundes nicht zu einem einfach gelagerten und schließt deshalb die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht aus.

AG-Coburg-Urteil-17-C-2866-20.pdf
Ersatz der Sachverständigenkosten, der Verbringungskosten und der UPE-Aufschläge / kein Verweis auf 17,3 km entlegene Referenzwerkstatt

Das AG München hat durch Urteil – 344 C 5810/20 – vom 30.11.2020 entschieden, dass der Geschädigte sich nicht auf eine Reparatur zu günstigeren Stundensätzen auf eine Referenzwerkstatt verweisen lassen muss, die 17,3 km von seinem Wohnort entfernt ist. Bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wäre eine Fahrtzeit von über einer Stunde anzusetzen. Angesichts der zahlreichen verfügbaren markengebundenen und freien Reparaturmöglichkeiten im Großraum München hält das AG München die Verweisung insgesamt für nicht zumutbar.

Die UPE-Aufschläge und Verbringungskosten sind auch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung ersatzfähig, wenn sie im Falle einer Reparatur in der Region typischerweise erhoben werden.

Die Sachverständigenkosten sind im vorliegenden Fall voll erstattungsfähig. Bei Standardgutachten zur Feststellung eines Kraftfahrzeugschadens kann gem. § 287 ZPO die Honorarbefragung des BVSK 2018 – auch bezüglich der Nebenkosten – als übliche Vergütung herangezogen werden. Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung sind die Sachverständigenkosten unabhängig davon, ob sie nach BVSK objektiv überhöht sind oder nicht, erstattungsfähig, es sei denn, dass die Beklagte beweist, dass ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch die Überhöhung der Sachverständigenkosten hätte erkennen können.

AG-Muenchen-Urteil-344-C-5810-20.pdf
 
  Seminare
Seminare Mai/Juni 2021
05.05.2021, Onlineseminar:
Unfallspuren lesen, auswerten und richtig verwerten

Referent: Dr. Johannes Priester, Dipl.-Ingenieur, ö. b. u. v. Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle sowie Schäden und Bewertung von Kraftfahrzeugen, Saarbrücken
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02.06.2021, Onlineseminar:
Krisenzeiten richtig nutzen – Prozesse und Abläufe optimieren in der Verkehrsrechtskanzlei

Referentin: Jasmin Isphording, Dipl.-Kauffrau, Unternehmensberaterin, Hamburg
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30.06.2021, Onlineseminar:
Aktuelle Rechtsprechung in Owi-Sachen – Teil 1

Referent: Dr. Benjamin Krenberger, Richter am AG, Landstuhl
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