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Verkehrsanwälte
 
NEWSLETTER
18/2021 – 15. Dezember 2021
 
 
  Recht und Gesetz
Keine Verurteilung wegen Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen bei fehlendem Wettbewerbscharakter I

Das LG Berlin hat in seinem Beschluss vom 21.12.2020 – 502 Qs 102/20 – darauf hingewiesen, dass als Rennen im Sinne des § 315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB nur Wettbewerbe zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit mindestens zwei teilnehmenden Kraftfahrzeugen zu verstehen sind. Ein übereinstimmendes – für den Innenstadtbereich mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h deutlich zu schnelles – Hintereinanderherfahren unter Missachtung der Geschwindigkeitsbegrenzung und der Regeln zum Überholen reicht nicht aus, um von einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen auszugehen, wenn es keine äußeren Anhaltspunkte für einen zwischen den Fahrzeugen ausgetragenen Wettbewerb gibt. Das LG Berlin hat auch eine Straftat nach § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB verneint. Es liegen, obwohl der Beschuldigte sein Kraftfahrzeug in nicht angepasster Geschwindigkeit im Straßenverkehr fortbewegt und dadurch grob verkehrswidrig und zudem rücksichtslos gehandelt hat, keine dringlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschuldigte in der Absicht handelte, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Über das subjektive Vorstellungsbild des Beschuldigten ist nur bekannt, dass er wusste, dass er zu schnell gefahren ist. Dass er die maximale fahrzeugspezifische Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit erreichen wollte, ist damit nicht belegt und ist angesichts der technischen Möglichkeiten seines Fahrzeugs auch durch die tatsächlich erzielte Geschwindigkeit von unter 110 Km/h nicht indiziert. Damit ist die hohe subjektive Anforderung des § 315 d Abs. 1 Nr. 3 StGB, der nur ein dolus directus ersten Grades genügt, nicht erfüllt.

Beschluss-Berlin-502-Qs-102-20.pdf

Keine Verurteilung wegen Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen bei fehlendem Wettbewerbscharakter II
Das AG Obernburg am Main hat in seinem Urteil – 2 Ls 225 Js 6707/20 jug – entschieden, dass eine Verurteilung wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315 d Abs. 1 Nr. 2 StGB dann nicht möglich ist, wenn der Wettbewerbscharakter fehlt. Es muss zumindest eine konkludente Übereinkunft zu einem Rennen gegeben haben. Eine solche konnte im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen werden. Um die Verabredung zu einem Rennen nachzuweisen, gab es keine anderen Beweismittel als die Auswertung der Aufzeichnungen der Helmkamera. Auf der Aufzeichnung ist zu sehen, dass an einem Wendepunkt einer der Angeklagten zum anderen gerichtet eine kreisende Handbewegung macht und dann wieder losgefahren wird. Dieses Handzeichen kann aber nicht als konkludente Verabredung zu einem Rennen ausgelegt werden, denn es kann auch bedeuten, dass man keine Pause machen will, sondern eine Runde fährt. Die Beweisaufnahme hat nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass zwischen den Angeklagten ein Wettbewerb dergestalt stattfinden sollte, dass die vorgegebenen Fahrlinien eines vorausfahrenden Fahrers jeweils nachgefahren werden sollten. Es ist auch möglich, dass der Angeklagte für sich geübt hat, bei einer entsprechenden Geschwindigkeit eine entsprechende Kurvenlinie zu fahren und damit lediglich ein Hintereinanderherfahren einzelner Personen vorgelegen hat. Es konnte nicht widerlegt werden, dass die Helmkameraaufzeichnungen stattgefunden haben, um sie hinterher anzuschauen, um sich verbessern zu können. Dies ist kein ausreichender Beleg für einen Wettbewerbscharakter. Zu solchen Zwecken wird auch im Sport gefilmt.

Urteil-AG-Obernburg-Main-Ls-225-Js-6707-20.pdf
Keine Anrechnung der Betriebsgefahr bei Verletzung der gesteigerten Sorgfaltspflicht nach § 9 Abs. 5 StVO
Das AG Rheinbach kommt in seinem Urteil vom 06.10.2021 – 10 C 115/20 – zu dem Ergebnis, dass der Fahrer, der beim Rückwärtsfahren im fließenden Verkehr das unmittelbar hinter seinem Fahrzeug befindliche Fahrzeug übersieht, seine gesteigerte Sorgfaltspflicht gemäß § 9 Abs. 5 StVO verletzt. Der geschädigte Kläger muss sich die Betriebsgefahr seines eigenen Fahrzeugs nicht anrechnen lassen. Er musste im fließenden Verkehr nicht mit einem Zurücksetzen des Beklagten rechnen. Der Kläger konnte erfolgreich darlegen, dass es sich bei dem Unfall um ein für ihn unabwendbares Ereignis handelte. Es ist nicht ersichtlich, dass der als Vergleich maßgebliche Idealfahrer die Kollision noch hätte vermeiden können.

AG-Rheinbach-10-C-115-20-Oktober-2021.pdf
 
  Frohe Weihnachten
Der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV sowie die Geschäftsstelle wünschen allen Kolleginnen und Kollegen frohe Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2022. Bleiben Sie gesund!
 
  Seminare
Seminare Dezember 2021 / Februar 2022
15.12.2021, Online-Seminar
Aktuelle Rechtsprechung in Owi-Sachen – Teil II

Referent: Dr. Benjamin Krenberger, Richter am AG, Landstuhl
Online-Anmeldung

23.02.2022, Online-Seminar
Aktuelles zum Sachschaden

Referent: Prof. Dr. Ansgar Staudinger, Fakultät für Rechtswissenschaften, Universität Bielefeld
Online-Anmeldung

23.02.2022, Online-Seminar
Einführung zum Crashkurs Verkehrsrecht - kostenfrei

Referentin: Gesine Reisert, Fachanwältin für Strafrecht und Verkehrsrecht, Berlin
Online-Anmeldung

Regionale Präsenzseminare

15.12.2021, Online-Seminar, Präsenzseminar in Gießen entfällt
Die aktuelle Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH im Verkehrsrecht

Referent: Rechtsanwalt Wolfgang Wellner, Richter am GGH a. D., Karlsruhe
Tagungsleitung: Andreas Krämer, Rechtsanwalt, Frankfurt a. M.
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