Motorrad

Sich durch den Stau schlängeln, unter einer Autobahnbrücke den Regen abwarten oder das Bike einfach
auf dem Gehweg abstellen – Motorradfahrer scheinen mehr Freiheiten zu genießen als Autofahrer. Doch
das ist ein Trugschluss. Jedenfalls wenn es um die Straßenverkehrsordnung geht. Die gilt für
Motorradfahrer in gleichem Maße wie für Autofahrer. Wir erklären für einige „klassische“ Situationen,
was erlaubt ist und was nicht – und warum es sich nach Unfällen lohnt, einen Verkehrsanwalt
einzuschalten.

Durch den Stau schlängeln?

Motorradfahrer nutzen ihre „schmale“ Breite oft, um sich im Stau links und rechts an den wartenden
Autos vorbeizuschlängeln. Aber: Rechts zu überholen, ist ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung
und wird mit einem Bußgeld belegt. Außerhalb geschlossener Ortschaften gibt es dafür zudem einen
Punkt in Flensburg. Noch kritischer wird es, wenn es aufgrund des Überholmanövers zu einem Unfall
kommt. Dann wird dem Motorradfahrer eine Mitschuld gegeben.
In einem Stau links zu überholen, ist zwar grundsätzlich erlaubt. Allerdings fehlt oft der Platz, um den
vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einzuhalten (und dabei die Fahrbahn nicht zu verlassen bzw. nicht
zwischen zwei Fahrstreifen zu fahren). Insofern heißt es auch für Motorradfahrer im Stau: Lieber warten
als starten. Das gilt übrigens auch für den alltäglichen „Mini-Stau“ vor der roten Ampel.

Regenpause unter der Autobahnbrücke?

Welcher Biker kennt das nicht: Während der Tour fängt es plötzlich in Strömen an zu regnen. Bis der
heftige Schauer vorbei ist, lädt der Standstreifen unter einer Autobahnbrücke zu einer (kurzen) Pause ein.
Allerdings bleibt festzuhalten: Das ist verboten. Die Nutzung des Standstreifens ist allein für Notfälle
vorgesehen – auf das Ende des Regens zu warten, zählt nicht dazu. Wird ein Motorradfahrer in einen
Unfall verwickelt, wird ihm eine Mitschuld angerechnet.

Motorrad auf dem Gehweg abstellen?

Grundsätzlich lautet die Antwort nach §12 der Straßenverkehrsordnung: Nein. Wie PKWs auch dürfen
Motorräder auf dem Gehweg nur dann geparkt werden, wenn eine entsprechende Fläche durch ein
Verkehrsschild ausgewiesen wird. Sind Parkschein oder Parkscheibe vorgeschrieben, so müssen auch
Motorradfahrer diese anbringen, was sich als nicht immer ganz einfach herausstellt. Die Empfehlung des
ADAC: den Parkschein mit einem Klebestreifen anbringen oder eine gelochte Parkscheibe aus Pappe
verwenden, die festgebunden werden kann.
Es ist übrigens auch nicht zulässig, sein Motorrad an einem Fahrradständer abzustellen. Parkhäuser
dagegen stehen in der Regel Motorradfahrern offen – es sei denn, der Parkhaus-Betreiber macht von
seinem Recht Gebrauch, bestimmten Fahrzeugen die Benutzung zu verwehren. Entsprechende Schilder
bei der Einfahrt zeigen das an. Im Parkhaus kann das Motorrad auf einer regulären PKW-Stellfläche
abgestellt werden. Oft gibt es spezielle Parkplätze für Motorradfahrer.

Vorsicht, Betriebsgefahr – Verhalten bei Unfällen

Was ist die Betriebsgefahr? Damit wird das Gefährdungspotenzial beschrieben, das durch das Bewegen
eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr für andere Verkehrsteilnehmer entsteht. Die Betriebsgefahr wird
im Allgemeinen bei Motorrädern höher angesetzt als bei PKWs, wobei Faktoren wie die reduzierte
Stabilität und damit Sturzgefahr oder die Sichtbarkeit im Straßenverkehr in Betracht gezogen werden.
Auch wenn die Betriebsgefahr zunächst eine theoretische, nicht eindeutig festgelegte Größe ist, hat sie
dennoch ganz praktische Auswirkungen: Über die Betriebsgefahr wird die Haftung festgelegt
(„Gefährdungshaftung“). Motorradfahrer haften deshalb oft mit 20 bis 30 Prozent mit, was einen eigenen
oder einen gegnerischen Schaden angeht, unabhängig davon, ob sie schuld am Unfall sind oder nicht.
Allerdings bedeutet die Betriebsgefahr nicht, dass man automatisch immer eine Teilhaftung in Kauf
nehmen muss. Es kommt auf die Umstände des einzelnen Falles an: Wenn zum Beispiel der Unfall
unabwendbar war oder ein besonders grober Verstoß des Unfallgegners vorliegt, kann von einer
Gefährdungshaftung abgesehen werden.

Expertentipp:

Motorradfahrer sollten nach einem Unfall nicht nur die Polizei verständigen, um den Unfallhergang
beweiskräftig zu dokumentieren, sondern auch die Hilfe eines Verkehrsanwaltes in Anspruch nehmen. Er
steht in der Auseinandersetzung mit der Versicherung des Unfallgegners mit Rat und Tat zur Seite und
behält auch bei unübersichtlichen Regulierungsfragen den Überblick, gerade in Bezug auf die
Gefährdungshaftung.