Umdrehen nach Kind auf dem Rücksitz – Fahrer handelt grob fahrlässig
(red/dpa). Der rasche Schulterblick von Fahrerin oder Fahrer, um zu sehen, was die Sprösslinge auf der Rückbank treiben, gehört zum Autofahrer-Alltag. Doch Achtung: Länger als „ganz kurz“ schauen kann gefährlich und teuer werden.
In dem von der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall fuhr der Vater mit seinen beiden Kindern auf dem Rücksitz mit dem Mietwagen über die Autobahn. Er nahm bei einem kurzen Blick über die Schulter wahr, dass sein rechts hinter ihm sitzender achtjähriger Sohn einen Gegenstand in der Hand hielt, den er zunächst nicht identifizieren konnte. Er beendete den Fahrspurwechsel, den er gerade vornahm und drehte sich nach hinten zu dem Jungen um. Dadurch bemerkte er nicht rechtzeitig, dass das Motorrad vor ihm abbremste, und konnte darum seinerseits nicht mehr rechtzeitig bremsen.
Der Fahrer zahlte lediglich die vertraglich vereinbarte Selbstbeteiligung für den Unfallschaden. Da die Mietwagenfirma jedoch im Falle grob fahrlässiger Herbeiführung eines Schadens berechtigt war, ihre Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung zu kürzen, stritten die Parteien über dieses Kürzungsrecht: Vor Gericht forderte die Mietwagenfirma in erster Instanz den Ersatz von 70 Prozent des Schadens, in zweiter Instanz dann nur noch 50 %.
50 % stünden ihr zu, entschied das Gericht. Die Haftung des Mietwagenfahrers sei nicht auf den vertraglich vereinbarten Selbstbehalt beschränkt, auch wenn sich die Firma in ihren AGB zur Haftungsfreistellung verpflichte. Diese entfalle hier, da der Mann den Unfall grob fahrlässig verursacht habe.
Umdrehen nach hinten: Fahrer kann nicht auf Verkehr reagieren
Er habe die Verkehrssituation vor ihm für die Zeit des Blicks nach hinten nicht einmal mehr im Augenwinkel wahrnehmen können. Jedem Fahrer müsse einleuchten, dass das zu sehr gefährlichen Verkehrssituationen führen könne. Es sei eine einfache, naheliegende Überlegung, dass der Fahrer die vor ihm befindliche Fahrspur beobachten müsse. Wenn er in einer solchen Verkehrssituation auf der Autobahn seinen Blick länger als nur ganz kurz deutlich von der Fahrbahn abwende, lasse er hingegen die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht.
Umdrehen nach Kind auf der Rückbank: Kein Augenblicksversagen
Es habe sich auch nicht um ein reflexartiges Augenblicksversagen gehandelt. Der Fahrer habe nach eigenen Angaben seinen Blick gerade nach dem Erkennen, dass sein Sohn einen Gegenstand in der Hand hielt, zunächst wieder nach vorne gewandt und sich erst dann wieder nach hinten umgedreht.
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