Verkehrsunfall: Wie bemisst sich das Hinterbliebenengeld?

Verkehrsunfall: Wie bemisst sich das Hinterbliebenengeld?

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(DAV). Lange wurde darüber diskutiert, wie es einen Ausgleich für das Leid wegen des Verlustes von nahen Angehörigen geben könnte. Schmerzensgeld gibt es nur dann, wenn das Leid und die Trauer auch zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt.

2017 war es dann so weit: Das Hinterbliebenengeld wurde eingeführt. Auch wenn Geld den Schmerz nur lindern kann, stellt sich die Frage, wie der Betrag bemessen wird.

Bei Tod eines nahen Angehörigen kann ein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehen, wenn der Verlust zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt. Für das nachrangige Hinterbliebenengeld gilt diese Voraussetzung nicht. In der Gesetzesbegründung ging man von einer durchschnittlichen Entschädigungssumme von 10.000 Euro aus. Dieser Betrag kann als "Richtschnur" oder Orientierungshilfe bei der Berechnung im Einzelfall herangezogen werden. Dies bestätigt das Oberlandesgericht Koblenz am 31. August 2020 (AZ: 12 U 870/20).

Tod eines nahen Angehörigen bei Verkehrsunfall - Hinterbliebenengeld

Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über einen tragischen Fall: Der Kläger verlor bei einem Verkehrsunfall seinen Sohn. Der Vater machte gegenüber dem Unfallgegner sowie der Haftpflichtversicherung Hinterbliebenengeld geltend. Dabei ging er von einer Verantwortung seines Sohnes an dem Unfall zu 50 % aus. 

Die Haftpflichtversicherung berücksichtigte ein Mitverschulden von 50 % und zahlte ein Hinterbliebenengeld 3.750 Euro. Der Kläger machte weitere 8.750 Euro geltend. Das Landgericht sprach dann auch weitere 750 Euro zu. Es ging von einem Hinterbliebenengeld von insgesamt 4.500 Euro (50 % von 9.000 Euro) aus. Hierbei orientierte es sich daran, dass der Gesetzgeber in seiner Kostenschätzung von einer durchschnittlichen Entschädigung 10.000 Euro ausgegangen war. Den konkreten Betrag bemaß es anhand der Kriterien des Schmerzensgeldes. 

Schmerzensgeld oder Hinterbliebenengeld bei Verkehrsunfall?

Das Oberlandesgericht bestätigte den Berechnungsansatz des Landgerichts. Es wies den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz zurück. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei eine Berufung des Klägers nicht erfolgversprechend. 
Geld sei kein Ausgleich für den Verlust eines Lebens, sondern entschädige beim Verlust eines nahen Angehörigen die Trauer und das seelische Leid, so das Gericht. Dies in den Fällen, wenn der Verlust keine konkrete gesundheitliche Auswirkung verursachte.

Es gibt keine feste Ober- oder Untergrenze. Eine Orientierungshilfe bietet jedoch die im Gesetzgebungsverfahren vorgenommene Kostenschätzung, wie sie schon das Landgericht zugrunde gelegt hatte. Der Gesetzgeber ging von einer durchschnittlichen Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro aus. Ausgehend hiervon wird die konkrete Höhe des Hinterbliebenengeldes im Einzelfall nach denselben Grundsätzen bestimmt, die bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes gelten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Hinterbliebenengeld die Fälle abdeckt, in denen die Trauer und das seelische Leid bei dem Hinterbliebenen nicht zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung führt. Deshalb erreicht das Hinterbliebenengeld im Regelfall nicht die Höhe eines Schmerzensgeldes.