Porsche 981 Boxter: Bremsen und Schalten darf spürbar sein

Porsche 981 Boxter: Bremsen und Schalten darf spürbar sein

Wer einen Porsche kauft, möchte auch ein bestimmtes Fahrgefühl erwerben. Das Fahrzeug muss sich anders ‚anfühlen’ und fahren als ein Kompaktauto der Mittelklasse. Die Frage ist nur: Wie weit darf das besondere Fahrgefühl gehen: bis zum ruckartigen Schalten und stotterndem Bremsen?

Im Grunde ja. Ein spürbares Bremsen und Schalten ist vom Hersteller gewünscht. Dies ist durch die Fahrzeugtechnik beim Porsche 981 Boxter S bedingt. Daher liegt auch kein Fahrzeugmangel vor, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.

Kauf eines Porsches

Über ihren Geschäftsführer leaste eine Firma im Juni 2012 bei einem Autohaus in Essen einen neuen Porsche 981 Boxter S. Das Fahrzeug hatte einen Verkaufswert von rund 76.000 Euro und war mit einem 315 PS Mittelmotor und einem automatisch schaltenden Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet. In der Folgezeit beanstandete der Geschäftsführer, dass das Fahrzeug ruckhaft beschleunige und stotternd abbremse. Nachdem Überprüfungen weder einen technischen Fehler noch zu optimierende Einstellungen ergeben hatten, verlangte der Kunde die  Rückabwicklung des Erwerbsvertrages.

Kein Fahrzeugmangel

In zwei Instanzen unterlag das Unternehmen. Nach sachverständiger Begutachtung des Fahrzeugs konnte das Oberlandesgericht keinen Fahrzeugmangel feststellen, der es zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätte. Der Porsche weise die Beschaffenheit auf, die bei Fahrzeugen gleicher Art üblich sei und die ein Käufer erwarten könne.

Das monierte Bremsverhalten des Fahrzeugs beruhe darauf, dass das automatische Getriebe des Sportwagens beim Bremsen zurückschalte und zwischen den Gangstufen selbstständig Zwischengas gebe. Diese für den Fahrer spürbaren Schaltvorgänge stellten keinen technischen Fehler dar. Sie seien vom Hersteller gewollt und dem propagierten dynamisch-sportlichen Anspruch an seine Sportwagen geschuldet.

Das Schaltverhalten des Fahrzeugs beruhe auf technisch nicht zu beanstandenden, typischen Besonderheiten eines Porsche Boxter S. Der Kraftstoffersparnis diene, dass die Getriebesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen Motor und Getriebe trenne. Das sei eine gezielt programmierte so genannte Segelfunktion. Zu der für einen Porsche dieser Art typischen Schaltcharakteristik gehöre auch das beanstandete Zurückschalten bei moderatem Gasgeben, mit dem eine unmittelbare Beschleunigung ermöglicht werde.

Autoverkäufer muss nicht darauf hinweisen

Der Autoverkäufer musste auf diese Charakteristika des Autos nicht gesondert hinweisen. Das Fahrverhalten sei zutreffend beworben worden. Dem Prospektmaterial sei zu entnehmen, dass das Fahrzeug "straffe und unmittelbare" Schaltvorgänge zeige, was die Auswirkungen der Zwischengasfunktion und des Segelmodus beschreibe. Im Übrigen stellten die beanstandeten Fahrweisen keine negative Eigenschaft des Fahrzeugs dar: Sie würden von Erwerbsinteressenten unterschiedlich wahrgenommen und nicht generell als Nachteil bewertet.

Oberlandesgericht Hamm am 18. März 2014 (AZ: 28 U 162/13)