Sammelklagen sind nicht das Allheilmittel gegen den Abgasskandal
55. Deutscher Verkehrsgerichtstag - 25. bis 27. Januar 2017 in Goslar Arbeitskreis VI: Abgaskrise – Konsequenzen für Verbraucherschutz und Hersteller
Goslar/Berlin (DAV). Der Abgasskandal in der Automobilindustrie hat die Forderung nach Sammelklagen auf die Tagesordnung der Politik gebracht. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) warnt vor überzogenen Erwartungen an ein solches Institut. Zugleich fordert der DAV den Gesetzgeber auf, beim Thema Rückrufaktionen mehr Rechtssicherheit für den Verbraucher zu schaffen.
„Wer denkt, Sammelklagen sind der Schlüssel zu einem umfangreichen Verbraucherschutz, geht fehl“, sagt Rechtsanwalt Dr. Matthias Köck. Auch wenn mit diesen Klagen Verbraucherrechte in Teilen gestärkt würden, müsse vor allzu großem Optimismus gewarnt werden. Einzelfallgerechtigkeit sei mit Musterklagen kaum möglich. „Es gibt schlicht zu viele, unterschiedliche Fallgestaltungen und Vertragsbedingungen“, so Köck. Für die Ansprüche der Kläger könne es beispielsweise einen Unterschied machen, ob der betroffenen Wagen von einem Vertragshändler oder von einem freien Händler erworben wurde.
Darüber hinaus ergeben sich weitere Probleme: Wenn etwa Verbände oder Kammern derartige Klagen führen, so besteht nach Ansicht des DAV die Gefahr von Interessenskonflikten: „Industrie- und Handelskammern können zum Beispiel gegen Unternehmen klagen, die just Mitglied dieser Kammern sind“, sagt Köck. Hier stelle sich ernsthaft die Frage der Neutralität.
Dies zeigt auch die Erfahrung in Bereichen, in welchen es Musterklagen bereits gibt. So können beispielsweise Kapitalanleger schon jetzt Schadensersatzansprüche im Wege von Sammelklagen durchsetzen.
Klare Regeln für den Rückruf
Für einen besseren Verbraucherschutz ist es nach Ansicht des DAV dringend nötig, klare Regeln für den Rückruf betroffener Autos zu schaffen. „Die derzeitige Gesetzeslage bietet dem Verbraucher keine ausreichende Rechtssicherheit“, sagt Köck. So sei etwa das Produktsicherheitsgesetz nicht geeignet, um beim Abgasskandal einen Rückruf zu begründen. Voraussetzung wäre hier eine Gefahrenlage, die mit guten Gründen im Fall von Abgasmanipulationen verneint werden könne.
Problematisch ist beim Thema Rückruf auch die Kostenverteilung zwischen Kunden und Herstellern. „Derzeit sind die mit dem Rückruf verbundenen Kosten nicht zwingend von den Herstellern zu tragen“, sagt Köck. Die Verbraucher seien vielmehr auf das Wohlwollen der Hersteller angewiesen. Hier dürfe der Rückruf nicht mit allgemeinen Gewährleistungsrechten
verwechselt werden. „Es bedarf daher einer Ergänzung verbraucherschützender Vorschriften, um Rückrufe rechtssicher zu ermöglichen“, so Köck.
Rechtsanwalt Dr. Matthias Köck ist vor Ort erreichbar unter: 0176 47 72 85 52. Vor Ort mobil erreichbar: Pressesprecher Swen Walentowski, 0177 21 11 189.
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